Landesarbeitsgemeinschaft der Kulturinitiativen und Soziokulturellen Zentren Baden-Württemberg e.V., November 2019

Pressemitteilung Karlsruhe, 13.11.2019

Entzug der Gemeinnützigkeit des Mitgliedszentrum DemoZ: Das Finanzamt darf nach Ansicht der LAKS Baden-Württemberg nicht entscheiden, was gute soziokulturelle Arbeit ist.

Dem „Demokratischen Zentrum“ (DemoZ) in Ludwigsburg wurde vom örtlichen Finanzamt die Gemeinnützigkeit entzogen. Das DemoZ ist Mitglied in der LAKS Baden-Württemberg. Einrichtungen wie das DemoZ sind Selbstorganisationen der Zivilgesellschaft. Ausdruck dieser Selbstorganisation ist die freie Trägerschaft, zumeist als gemeinnütziger Verein. Die Gemeinnützigkeit ermöglicht, Spendenquittungen auszustellen, vor allem aber ist sie oftmals die Bedingung für den Erhalt von öffentlichen Zuschüssen, auf die die Zentren für ihre Arbeit angewiesen sind. Der Entzug der Gemeinnützigkeit stellt mithin die Existenz der Einrichtung in Frage. Bisher wurde die Gemeinnützigkeit einer Einrichtung überwiegend nach formalen Kriterien von Seiten der Finanzämter geprüft. Das Finanzamt Ludwigsburg weicht von dieser Linie ab und bewertet ausdrücklich die tatsächliche Arbeit des DemoZ. Im Mittelpunkt stehen hierbei Fragen wie die, ob das DemoZ seine Arbeit mit der angemessenen „geistigen Offenheit“ verrichtet, da gewisse Personenkreise von den Veranstaltungen ausgeschlossen würden. Gemeint ist damit ein Hinweis auf der Webseite des DemoZ, der verifizierbare Personen aus dem rechtsextremen Spektrum von Veranstaltungen ausschließt. Eine Ausschlussklausel, die im Übrigen in nahezu identischer Form auf der Webseite der Bundeszentrale für politische Bildung schon vor vielen Jahren für den Umgang mit Rechtsextremen empfohlen wurde. Es wird des Weiteren aus der Tatsache, dass über Alternativen zum Kapitalismus diskutiert werden soll, auf Verfassungsfeindlichkeit geschlossen. Dabei ist der Kapitalismus nicht im Grundgesetz festgeschrieben. Das Finanzamt Ludwigsburg folgt hierbei offensichtlich dem Entzug der Gemeinnützigkeit für Attac, mit der erstmals das Gemeinnützigkeitsrecht bewusst gegen politisch missliebige Organisationen eingesetzt wurde. Die LAKS Baden-Württemberg sieht hierhin eine gefährliche Entwicklung für alle 72 Soziokulturellen Zentren im Land, zu deren Arbeit neben der Präsentation von professioneller Kunst und der Ermöglichung von kultureller Eigenaktivität eben auch die Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen Fragen gehört. Die Entscheidung des Finanzamtes Ludwigsburg ist eine direkte Bedrohung nicht nur des DemoZ und der Zentren in Baden-Württemberg, sondern aller 600 soziokulturellen Zentren und Initiativen in der Bundesrepublik Deutschland, wie auch die Bundesvereinigung Soziokultureller Zentren ausführt. Sie arbeiten mit ähnlichen kulturellen, sozialen und selbstverständlich auch politischen Veranstaltungen und tragen so entscheidend zur Entwicklung und Lebendigkeit der demokratischen Zivilgesellschaft bei. Mit über 350.000 Veranstaltungen und über 12 Millionen Besucher*innen im Jahr ist die Soziokultur ein wichtiger und schützenswerter Faktor in der deutschen Kulturlandschaft.Das Gemeinnützigkeitsrecht, das in vieler Hinsicht reformbedürftig ist, muss dringend neu gestaltet werden. Wichtig wird sein, dass es in Zukunft nicht als Mittel des direkten Eingriffs in die in-haltliche Arbeit von Einrichtungen verwendet werden kann.

Bundesvereinigung Soziokultureller Zentren e.V., November 2019

Stellungnahme der Bundesvereinigung Soziokultureller Zentren e.V. zum Entzug der Gemeinnützigkeit des Demokratischen Zentrums – DemoZ in Ludwigsburg (Baden-Württemberg) durch das Finanzamt Ludwigsburg.

„Mit großem Unverständnis haben wir den Entzug der Gemeinnützigkeit des soziokulturellen Zentrums DemoZ zur Kenntnis genommen. Wir halten es für unzumutbar und rechtlich fragwürdig, dass ein Finanzamt die inhaltliche Arbeit eines soziokulturellen Zentrums bewertet und diesem über das Gemeinnützigkeitsrecht faktisch die Existenzgrundlage entzieht.“ Georg Halupczok (Vorstand Bundesvereinigung Soziokultureller Zentren e.V.)

Soziokulturelle Zentren und Initiativen, ihre Landesverbände und die vielen zehntausende Akteure sind anerkannte Protagonist*innen der Zivilgesellschaft und werden vielfach von den Kommunen, den Ländern und dem Bund gefördert. Das Finanzamt Ludwigsburg hat in diesen Tagen dem über 40 Jahre bestehenden soziokulturellen Zentrum Demokratisches Zentrum – Verein für politische und kulturelle Bildung e.V. (DemoZ) in Ludwigsburg rückwirkend die Gemeinnützigkeit entzogen. Als Begründung wurde genannt, dass sich das Zentrum politisch zu eindeutig positioniert und die politische Willensbildung nicht mit der notwendigen gesellschaftlichen Offenheit geführt habe, da gewisse Personenkreise von den Veranstaltungen ausgeschlossen würden. Gemeint ist damit ein Hinweis auf der Webseite des DemoZ, der verifizierbare Personen aus dem rechtsextremen Spektrum von Veranstaltungen ausschließt. Eine Ausschlussklausel, die im Übrigen in nahezu identischer Form auf der Webseite der Bundeszentrale für politische Bildung schon vor vielen Jahren für den Umgang mit Rechtsextremen empfohlen wurde.

Wir fordern die entsprechenden politischen Entscheidungsträger*innen im Bund auf, sich einer Präzisierung des Gemeinnützigkeitsrechtes anzunehmen und die Frage zu klären: Was ist politische Bildung? Die Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen Fragen und politischen Themen gehört unteilbar zur Kulturarbeit in Deutschland. Durch den rückwirkenden Entzug der Gemeinnützigkeit entsteht für das DemoZ eine existenzbedrohende finanzielle Schieflage, die die gesamte Arbeit des Zentrums infrage stellt.

Dieses Damoklesschwert ist mit der Entscheidung des Finanzamtes Ludwigsburg nicht mehr theoretischer Natur, sondern eine direkte Bedrohung aller soziokulturellen Zentren und Initiativen in der Bundesrepublik Deutschland. Wie im DemoZ arbeiten fast alle 600 soziokulturellen Zentren mit ähnlichen kulturellen, sozialen und selbstverständlich auch politischen Veranstaltungen und tragen so entscheidend zur Entwicklung und Lebendigkeit der demokratischen Zivilgesellschaft bei. Mit über 350.000 Veranstaltungen und über 12 Millionen Besucher*innen im Jahr ist die Soziokultur ein wichtiger und schützenswerter Faktor in der deutschen Kulturlandschaft.

JUZ Mannheim, November 2019

Dem DemoZ Kulturzentrum in Ludwigsburg (https://www.demoz-lb.de/) wurde von dem zuständigen Finanzamt die Gemeinnützigkeit entzogen. Dabei beruft sich das Finanzamt auf ein Urteil des Bundesfinanzhof der Attac am Anfang dieses Jahres die Gemeinnützigkeit entzogen hat. Danach soll  „Einflussnahme auf politische Willensbildung und Gestaltung der öffentlichen Meinung […] keinen gemeinnützigen Zweck erfüll[en]“. Unabhängig, dass das DemoZ ein Kulturzentrum ist und keine Kampangenorganisation, halten wir das Urteil für gefährlic

h. Die Anwendung dieses Urteils auf den Trägerverein des DemoZ zeigt, dass es für Vereine gefährlich werden kann politische Haltung einzunehmen. Wir begrüßen ausdrücklich die deutliche Haltung des DemoZ gegen Rechts und fordern nicht zuletzt auch in hinblick auf unser Selbstverständnis, dass diese Entscheidung des Finanzamtes sofort zurückgenommen wird. Nazis und Rassist_innen sind eine konkrete Bedrohung für unsere Jugendarbeit und haben auf unseren Veranstaltungen nichts zu suchen. Außerdem lassen wir uns auch unsere antikapitalistische Einstellung nicht nur nicht verbieten, sondern stehen dazu und fordern mehr unkommerzielle Räume für Jugendliche. Das DemoZ will gemeinsam mit der Gesellschaft für Freiheitsrechte und der Allianz für „Rechtssicherheit für politische Willensbildung“ gegen den Entzug vorgehen.

Zeigt eure Solidarität mit dem DemoZ. Verbreitet die Info und schreibt Stellungnahmen.

Die Vollversammlung des JUZ Mannheim

Brückenhaus Ludwigsburg, November 2019

 

 

ALZ – Arbeitslosenzentrum Ludwigsburg e.V., November 2019

Mit Entsetzen mussten wir zur Kenntnis nehmen, dass dem Demokratischen Zentrum Ludwigsburg e.V. vom Finanzamt Ludwigsburg die Gemeinnützigkeit entzogen wurde. Es ist für uns nicht akzeptabel, wenn ein Finanzamt auf dem Weg des Steuerrechts versucht, die wichtige Arbeit dieses kleinen Vereins so zu erschweren, wenn nicht unmöglich zu machen. Besonders befremdet hat uns die Tatsache, dass dem Verein dessen Engagement gegen Rassismus, Antisemitismus und Nationalismus zum Vorwurf gemacht wird.

Eigentlich sollte ein solches Engagement für alle Demokraten selbstverständlich sein. Damit torpediert das Finanzamt Ludwigsburg das wichtige Bestreben, unsere Demokratie gegen Hass und Intoleranz zu verteidigen. Wir fordern die Landesfinanzministerin Edith Sitzmann dazu auf zu überprüfen, ob das Vorgehen des Finanzamtes Ludwigsburg im Sinne eines demokratischen Rechtsstaats in Ordnung ist. Der Bundesgesetzgeber wird aufgefordert, für eine entsprechende Klarstellung im Gesetz zu sorgen, damit ähnliche Fälle zweifelsfrei nicht mehr möglich sind.

Vorstand Arbeitslosenzentrum Ludwigsburg e.V., 27.11.2019

 

Attac Gruppe Besigheim-Ludwigsburg, Januar 2020

Geradezu skandalös ist für attac Ludwigsburg-Besigheim die Begründung des Finanzamtes Ludwigsburg zum Entzug der Gemeinnützigkeit des Demokratischen Zentrums Ludwigsburg.

Das Finanzamt wirft dem DemoZ vor, dass es sich politisch positioniert, beispielsweise durch kapitalismuskritische Veranstaltungen, die im Rahmen des Programms 2017 zu den Themen „Kapitalismus – was ist das und was können wir dagegen tun?“ oder „Einführung in die Idee des Anarchismus“ stattgefunden hatten. Dieser Vorwurf des Finanzamtes läuft doch mehr oder weniger darauf hinaus, dass über Kapitalismuskritik oder politische Ideen wie den Anarchismus nicht einmal mehr geredet werden darf, möchte man seine Gemeinnützigkeit nicht verlieren. Zudem kritisiert das Finanzamt, dass die Angebote des DemoZ nicht der Allgemeinheit dienen. Schließlich seien rechtsextreme Menschen von den Veranstaltungen ausgeschlossen. Dass das Finanzamt dem DemoZ die Verwendung einer Formulierung, die auch von der Bundeszentrale für politische Bildung empfohlen wird, zum Vorwurf macht, kann vor dem Hintergund der zunehmenden Bedrohung von Meinungsfreiheit, Demokratie und körperlicher Unversehrtheit durch Rechtsextreme eigentlich nur Kopfschütteln hervorrufen.

Nach dem Entzug der Gemeinnützigkeit von attac, Campact, dem DemoZ und der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes drängt sich der Eindruck
auf, dass die Finanzbehörden gezielt versuchen, mit den Methoden des Steuerrechts Organisationen im linken Spektrum das Wasser abzugraben.
Dies erinnert fatal an die Zustände in der Weimarer Republik, als ebenfalls konservative und rechtsnationale Kräfte gemeinsam mit einer
rückwärtsgewandten, antidemokratischen Beamtenschaft gegen linke Bestrebungen vorgingen. Das Ergebnis ist hinlänglich bekannt.

Wir appellieren an die verantwortlichen Politiker in Bund und Land, diesem Treiben durch entsprechende Klarstellungen eine Ende zu bereiten.
Antifaschismus und Kapitalismuskritik sind wichtige Elemente einer lebendigen Demokratie und bedürfen der Unterstützung und nicht der
Bekämpfung durch das Steuerrecht!

attac Ludwigsburg-Besigheim

Frauen für Frauen e.V. Ludwigsburg

 

G.R.U.N.Z. e.V.

Der (gemeinnützige) Rock- und Nachwuchszusammenschluss (G.R.U.N.Z.) e.V. ist eine Musikinitiative, die sich für den Nachwuchs der lokalen Musikszene in und rund um Ludwigsburg einsetzt und bereits seit Jahren auch mit dem Demokratischen Zentrum vernetzt ist. Dabei gehört es für uns absolut dazu, Freiraum zu schaffen für Menschen jeglichen Alters, Geschlechts, Herkunft, etc. und uns dabei auch stark zu machen gegen Rassismus, Faschismus, Sexismus, Homophobie und gegen jede Form der Ausgrenzung. Daher stehen wir solidarisch hinter dem DemoZ: Sich gegen Rechts zu positionieren darf nicht falsch sein!