Das Corona-Virus und seine Auswirkungen treffen uns alle. Wir sind in einem bisher nicht gekannten Ausnahmezustand und müssen Wege finden, damit umzugehen. Bereits jetzt zeichnet sich ab, dass die wirtschaftlichen „Lösungen“ des Staates, nicht unbedingt dort ankommen wo sie gebraucht werden, viele Schlupflöcher von jenen ausgenutzt werden, die keine Unterstützung benötigen, aber auf materielle und immaterielle Ressourcen zurück greifen können und sich dadurch Vorteile verschaffen.

Viele werden einfach vergessen, genau so wie sie schon vor Corona nur bedingt mitgedacht wurden, wie z.B. wohnungslose Menschen.

Dabei treffen die Maßnahmen jeden Menschen in der individuellen Situation unterschiedlich. Wir möchten keinen Menschen zurücklassen und positionieren uns deshalb zum Umgang mit dem Coronavirus in Deutschland und global. Es ist Teil unserer gesellschaftlichen Verantwortung nicht nur zu zusehen, wo unrecht passiert. So treffen die Maßnahmen vor allem die Menschen, die es bisher schon nicht leicht haben in diesem kapitalistischen System. Die Empfehlung, Vorräte anzulegen, um einige Wochen ohne Einkäufe zurechtzukommen, klingt erst einmal einleuchtend. Doch was sollen Menschen machen, die keine finanziellen Rücklagen haben, um sich Vorräte anzulegen? Menschen bei denen das Geld gerade einmal für die notwendigsten Anschaffungen reicht? Auch Menschen die Transferleistungen nach SGB II oder SGB XII beziehen, dürften kaum das notwendige Geld haben, um Vorräte für mehrere Wochen zu bezahlen.Und wie sollen Menschen zuhause bleiben, die gar kein Zuhause haben?

Wie sollen Menschen Abstand zueinander halten, die in Gemeinschaftsunterkünften leben müssen. Auf der griechischen Insel Lesbos sind im Lagern Moria auf viel zu kleinem Raum viel zu viele Menschen zusammen gesperrt. Wie sollen sich die Menschen dort die Hände waschen, wo es keinen gesicherten Zugang zur Wasserversorgung gibt? Wie sollen sie Abstand zueinander halten? Wie soll ihr Immunsystem das durch die Flucht und die kräftezehrenden Bedingungen stark angegriffen ist, den Virus abwehren? Es ist bezeichnend, dass es einer der ersten Beschlüsse zur Bekämpfung der Corona-Krise in Deutschland war, dass die Aufnahme von Geflüchteten zunächst ausgesetzt wird. Das Aussetzen des Asylrechts ist ein Verstoß gegen die Menschenrechte und zudem kurz gedacht: Das Virus verbreitet sich global und muss entsprechend global eingedämmt werden – es ist Solidarität unabhängig von Landesgrenzen gefragt. Menschen vor den Grenzen Europas unter menschenunwürdigen Umständen in Lagern zusammenzusperren wird nicht helfen, diese Krise zu bewältigen. Außerdem ist diese Maßnahme beispielhaft dafür, wie durch offizielle Beschlüsse Vorurteile und Rassismus befeuert werden. Rassistische Stereotype von den „Fremden, welche Krankheiten einschleppen“ werden so bestärkt. Während nun Geflüchtete vor den Toren Europas willkürlich zum Sterben ausgesperrt werden, ist auch die Unterbringung von Geflüchteten im Land bedenklich. In Sammelunterkünften ist die Ansteckungsgefahr hoch, die Möglichkeit einer Isolation dagegen kaum gegeben. Es ist dringender denn je notwendig, sichere Fluchtwege und menschenwürdige Unterbringung zu fordern. Abschottung und Ausgrenzung dürfen niemals eine Antwort auf globale Krisen sein.

Doch nicht nur die Diskriminierung von Geflüchteten wird durch die Corona-Krise befeuert. Auch Menschen, die aufgrund ihres äußeren als asiatischer Herkunft eingeordnet werden, haben es in dieser Zeit besonders schwer. Da das Virus zuerst in China entdeckt wurde, werden asiatisch gelesene Menschen als Überträger der Krankheit gesehen und sogar von Menschen mit Desinfektionsspray angegriffen. Dahinter steht nichts als der zutiefst rassistische Gedanke, dass nur weiße Menschen deutscher Herkunft sein können und alle anderen als fremd eingestuft werden. Ebenso betroffen von der noch offener zutage tretenden Diskriminierung sind wohnungs-/obdachlose Menschen. Sie leiden ohnehin schon unter einer Gesellschaft, die Leistung als Maßstab für die Würde der Menschen nimmt und sind auf Solidarität angewiesen. So wird es ihnen aktuell nahezu unmöglich gemacht, an etwas Geld zu kommen. Abgesehen davon wird es durch die reduzierten Aufnahmekapazitäten in Obdachlosenunterkünften (um verschärfte Hygienestandards besser erfüllen zu können) noch schwieriger, einen Schlafplatz und eine Waschmöglichkeit zu bekommen. Viele Hilfsangebote fallen weg, die für Menschen am und unter dem Existenzminimum notwendig sind, wie zum Beispiel Tafelläden. Aber auch Beratungsstellen und sonstige Hilfsangebote sind von angeordneten Schließungen, Kontaktverboten und Personalmangel aufgrund der Corona-Pandemie betroffen. Das betrifft zum Beispiel Beratungsstellen für Menschen mit Depressionen. Der Zugang zu offenen Therapiestellen ist zurzeit nicht möglich, Es wird bereits versucht, Abhilfe in Form von telefonischer Beratung zu schaffen, aber auch das ist nicht für alle Menschen eine Lösung. Auch Beratungsstellen für Betroffene von häuslicher Gewalt müssten jetzt eigentlich massiv verstärkt werden. Viele Betroffene werden tage- oder wochenlang mit dem Täter auf teilweise kleinstem Raum festsitzen – wie können wir ihren Schutz gewährleisten, welche Notfallmaßnahmen können hier ergriffen werden?

Generell trifft die Mehrfachbelastung durch die Pandemie hauptsächlich Frauen. Nicht nur werden die „systemrelevanten“ Berufe hauptsächlich von Frauen ausgeübt, zusätzlich kommt jetzt die Doppelbelastung durch die nach wie vor als selbstverständlich betrachtete Care-Arbeit zum Tragen, wenn Betreuungsangebote für Kinder wegfallen oder alte Menschen im Familienkreis mit versorgt werden müssen. Natürlich sind Maßnahmen sinnvoll, die die Verbreitung des Virus eindämmen können. Soziale Kontakte für einen gewissen Zeitraum zu minimieren, kann nachgewiesen helfen, den Anstieg zu verlangsamen und so die Krankenhäuser entlasten. Doch wir dürfen nicht akzeptieren, dass notwendige Einschränkungen dazu missbraucht werden, um die Grundlage zu schaffen, auf der weitere autoritäre Maßnahmen wie Ausgangssperren gerechtfertigt werden. Der scheinbar in weiten Teilen der Bevölkerung immer noch sehr präsente Wunsch nach einer starken Führung in Krisenzeiten trägt dazu bei, dass solche Maßnahmen ohne hörbaren Widerspruch umgesetzt werden. Während wie z.B. In der Finanzkrise für Banken scheinbar unbegrenzt Geld bereitgestellt werden konnte und derzeit, für große Unternehmen über den Wirtschaftsstabilisierungsfonds große Summen abgerufen werden können, ist von Hilfen für schutzbedürftige Gruppen nichts zu sehen. Die Bundesregierung schafft es bis heute nicht einmal, für wichtige Ansprachen in welchen neue Regelungen verkündet werden, zum Beispiel eigene Dolmetscher für die Gebärdensprache zu engagieren.

Was hingegen nicht besprochen wird und was wir fordern sollten bzw. diejenigen unterstützen, die das bereits tun, vor allem während der Corona-Pandemie aber auch sonst:

· die Erhöhung von Zuwendungen im Rahmen der Sozialleistungen
· eine Erhöhung des Anteils am Kurzarbeitergeld, der auch bei den Angestellten ankommt
· keine Arbeitszeitenverlängerung und -flexibilisierung für Angestellte in Pflege- und Betreuungsberufen, sondern eine massive Gehaltserhöhung
· sofortiger Stopp/Rücknahme der Privatisierung des Gesundheitswesens und des öffentlichen Nahverkehrs
· bessere Sicherheitsvorkehrungen für Angestellte im Einzelhandel
· die Aussetzung von Miete und Kreditrückzahlungen
· die Freilassung aller Gefangenen, die wegen Bagatellvergehen einsitzen
· das Recht auf ein Zuhause für alle Menschen
· Zugang zu medizinischer Versorgung für alle Menschen
· Zugang zu Notfallbetreuung oder bezahlte Freistellung für Alleinerziehende
· Barrierefreier Zugang zu Informationen
· die Aussetzung aller Abschiebungen, behördlichen und rechtlichen Fristen
· die sofortige Aufnahme aller Geflüchteten vor den Grenzen Griechenlands
· ein breit aufgestelltes Konzept, um gegen das Rassismus in dieser Gesellschaft vorgehen zu können – keinen Raum für Rechtspopulismus und Hetze!

Es ist richtig, wenn Solidarität gefordert wird, um die Krise zu überstehen – doch damit darf nicht die Solidarität mit großen Unternehmen gemeint sein und keine Solidarität, die an der eigenen Grenze endet. Es muss eine internationale Solidarität sein, die denen hilft, die Hilfe benötigen, unabhängig von deren Herkunft oder sozialem Status. Das ein Verbund wie die Europäische Union das leisten kann, ist mehr als fragwürdig – wir sollten uns im Gegensatz fragen, ob sie dass überhaupt will. Die jüngsten Entwicklungen verdeutlichen, dass nicht nur Geflüchtete aus der Aufforderung, solidarisch zu sein, ausgeschlossen sind. Auch EU-mitgliedsstaat Italien bekam zu spüren, wie die EU mit denen umgeht, die Hilfe benötigen. Als Italien mit dem Zusammenbruch des überlasteten Gesundheitssystems kämpfte und sich an die EU wandte um Hilfe zu erbitten, war die erste Reaktion nach langem Schweigen die Österreichs: sie machten die Grenzen dicht.

Es stellt sich nun also die Frage, was wir aus dieser Krise lernen können. Für uns gibt es eine eindeutige Antwort: die Kapitalismus ist keine Lösung und darf nicht die Grundlage unserer Gesellschaft sein. Wir müssen uns als Gesellschaft die Frage stellen, was wir von dieser Gesellschaft eigentlich wollen. Wie soll unser Leben aussehen? Wollen wir bei jedem wirtschaftlichen Umschwung Angst um unsere Existenz haben müssen? Wollen wir uns tagtäglich die Frage stellen, wie wir uns ernähren sollen, wenn wir unseren Job verlieren? Wie können wir mit uns selbst vereinbaren, dass es so viele Menschen gibt, die in diesem System verloren sind? Sind wir es morgen selbst? Sind wir damit einverstanden, das gewählte Vertreter*innen über mehrere Jahre hinweg frei entscheiden können oder wollen wir, als Gesellschaft Entscheidungen gemeinsam treffen? Wollen wir mehr Verbindlichkeit?

Im folgenden findet ihr eine Liste mit Einrichtungen, etc. die ihr kontaktieren könnt um Hilfe zu bekommen, bzw. die ihr selbst unterstützen könnt:


#savethem, Initiative um Menschen einzufliegen in aufnahmebereite Städte (Mission Lifeline)
https://www.flugbereitschaft.org/

Kampagne „Leave No One behind“
https://leavenoonebehind2020.org/

Nachbarnetz Ludwigsburg
https://nnlb.de/

Nachbarschaftshilfe überregional
https://nachbarschaft.care/

Hilfe für obdachlose Menschen:
Gabenzäune in vielen Städten für Nahrungsmittel und Hygieneartikel, in Stuttgart z. Bsp am Marienplatz

Küstenhund e.V. ist ein Tierschutzverein aus Stuttgart
Ehrenamtliche Helferinnen und Helfer engagieren sich in verschiedenen Projekten im In- und Ausland und setzen sich für nachhaltigen Tierschutz ein.
https://www.kuestenhund.com/

LudwigsTafel e.V.
Ludwigsburger Tafel nimmt Spenden an und gibt sie dann an Bedürftige weiter. Da gibt es die Zentrale in der Saarstraße und die Ausgabestellen in Grünbühl bei der ev. Kirche und Eglosheim / Hirschberglädle bei der Kath. Kirche.

Online-Initiativen die Spenden über Paypal usw sammeln und dann in der Stadt an wohnungslose Menschen verteilen Beispiel:
https://www.betterplace.org/de/projects/78065?utm_campaign=ShortURLs&utm_medium=project_78065&utm_source=PlainShortURL

NoNationTruck
https://nonationtruck.blackblogs.org/

Anrufmöglicheit für Menschen, die sich alleine füheln in LB
http://www.tragwerk-lb.de/

Frauenhaus – Kontakt bei häuslicher Gewalt
http://www.frauenfuerfrauen-lb.de/frauenhaus/

Beratungsstelle sexualisierte Gewalt bei Kindern
https://silberdistel-ludwigsburg.de/

Weitere Nachbarschaftshilfen:
https://www.facebook.com/groups/762534337608273/